Am 18. September 2018 fand die 14. Jahrestagung des Münchner Finance Forum e.V. im AudiMax der TU München statt. Mit 549 Gästen konnte ein erneuter Besucherrekord registriert werden. Das Tagungsthema lautete in diesem Jahr “Digitale Transformation: Neue Geschäftsmodelle in der Finanzindustrie?”. Insgesamt teilten 5 namhafte Referenten ihre Einschätzung mit dem Fachpublikum aus der Münchner Finanzbranche.

Den Auftakt machte Dr. Florian Mann, Geschäftsführer der WERK1.Bayern GmbH. Sein Unternehmen ist ein vom bayerischen Wirtschaftsministerium gefördertes Zentrum für digitale Unternehmensgründungen. Er stellte die Frage “Haben wir das Zeug dazu, bei der Digitalisierung in Führung zu gehen?” und lieferte kritische, aber auch selbstbewußte Antworten. Der Austausch des DAX-Gründungsmitglieds Commerzbank mit 50.000 Mitarbeitern durch die Münchner (Aschheim) Wirecard mit 4.500 Mitarbeitern ist aktuell ein besonders prominentes Beispiel, dass junge Technologiefirmen aus München bereits große Erfolge erzielen. Neben diesem Fall gibt es aber auch mit Celonis, Scalable Capital, Flixbus, Lilium oder IDNow sehr erfolgreiche Firmengründungen in München. Im Vergleich zu Berlin hat München nur einen Rückstand beim Wagniskapital. Hier profitiert Berlin besonders davon, dass dort bereits die Aufmerksamkeit internationaler Großinvestoren erreicht wurde. Der Internet-Inkubator Rocket Internet hat hierzu maßgeblich beigetragen.

Den zweiten Vortrag hielt Prof. Dr. Philipp Sandner, Lehrstuhlinhaber des Frankfurt School Blockchain Center, zum Thema “Blockchain, Bitcoin, Crypto Assets and ICOs”. Ähnlich wie die E-Mail die Kosten und die Lieferzeit von Briefen beseitigt hat, bietet die Blockchain ein Instrument für den digitalen Vermögenstransfer. Noch befindet sich die “Neue Welt” des Blockchain- und Kryptoökosystems weitgehend außerhalb etablierter Strukturen der “Alten Welt” wie Banken, Finanzdienstleister und institutionelle Investoren. Es sei allerdings klar absehbar, dass hier großartige Verbesserungen erzielt werden. Während sich bei allen DAX Konzernen zusammen ca. 500 Mitarbeiter mit Blockchain Themen befassen, arbeiten weltweit 150.000 Entwickler an diesem Ökosystem. Daher sei zu erwarten, dass dieses Thema nicht in Deutschland gewonnen wird. Aktuell werden nach einer eigenen Studie nur 5,2% der Blockchain Token für Investment Themen verwendet. Weitere 18,6% der Token betreffen den Zahlungsverkehr, und die restlichen 76,2% sind sogenannte Utility Token.

Nach der Mittagspause gab Prof. Dr. Markus Rudolf, WHU Otto Beisheim School of Management, bei seinem Vortrag “Krypto-Währungen und Blockchains” Einblicke in den Maschinenraum der Krypowährungen und berechnete live Hash-Werte für den Proof-of-Work, der bei der Kryptowährung Bitcoin verwendet wird. Während Herr Prof. Rudolf in der Blockchain-Technologie ein riesiges Potential sieht, ist er beim Bitcoin jedoch sehr pessimistisch. Neben der Anonymität und den exorbitanten Mining-Kosten sei besonders die im Protokoll implementierte Obergrenze von 21 Millionen Bitcoins der Grund für das Scheitern: Eine numerisch feste Geldmenge führe bei steigender Menge der Güter zu sinkenden Preisen, was eine Deflation auslöst. Bei sinkenden Preisen warten Konsumenten, weil sie morgen mehr Güter kaufen können. Die ausbleibende Nachfrage führt zu weiter sinkenden Preisen, was das Problem verschlechtert. Außerdem ist der Bitcoin heute noch nicht reguliert, was aber vermutlich bald gesehen wird.

Björn Waldow von der Sixt Leasing SE hielt anschließend einen Praktikervortrag. Er zeigte, wie sein Unternehmen durch die Digitalisierung in eine vermeintlich feste Wertschöpfungskette der Autohersteller eintreten kann. Normalerweise werden Leasingfinanzierungen beim Neuwagenkauf durch die Leasinggesellschaft des Autoherstellers abgeschlossen, weil der Kunde im Verkaufsgespräch gleich ein entsprechendes Angebot erhält. Sixt Leasing schafft über die Bündelung aller Hersteller auf der eigenen Plattform eine Preistransparenz, die für den Autokäufer einen echten Nutzen verspricht. Außerdem bleiben Kunden bei Sixt, weil sie Autos dort für alle Lebenssituationen finden. Ein junges Paar wechselt nach dem BMW Cabrio zu einem VW Sharan, wenn die Kinder geboren wurden. Derartige Kunden sind z.B. für BMW verloren, wohingehend sie bei Sixt über das ganze Leben lang betreut werden.

Den letzten Vortrag des Tages hielt Prof. Dr. Martin Stuchtey (SystemIQ) zum Thema “A Good Disruption”. Er zeigte auf, dass der Trend der Ressourcenverschwendung der Menschheit sich steigern wird, wenn nicht schnell gegengesteuert wird. Die 75 Billionen USD Weltbruttosozialprodukt werden sich in 25 Jahren verdoppeln. Obwohl wir heute bereits Naturkatastrophen erleben, haben wir in einer Generation eine doppelt so große Ökonomie. Im Jahr 2042 werden wir 1 kg Plastik pro 1 kg Fisch in den Weltmeeren haben. Die Verschwendung bei den Autos ist besonders offensichtlich: sie stehen 95% der Zeit still, haben im Mittel 5 Sitze, allerdings nur 1,5 Insassen. Die Aussichten wären sehr schlecht, wenn es nicht sehr vielversprechende Technologien gäbe. Beim Auto wird dies das autonome Fahren sein. Aber auch viele andere Branchen stehen vor großen Effizienzsteigerungen. Erstmals bekommt die Menschheit durch die Digitalisierung daher eine “echte Option”, um die Naturkatastrophe zu verhindern. Herr Prof. Stuchtey hat zu diesem Vortrag ein gleichnamiges Buch veröffentlicht.